Welcome back!

So schnell hätte ich nicht gedacht, dass ich wieder was auf dem Blog hier veröffentliche. Aber das Leben schlägt ja manchmal Purzelbäume. Ich bin letzten Freitag nach ein paar schönen Tagen bei Marion in Wien in Belgrad angekommen. Djordje hat mich am Flughafen mit seinem neuen Auto abgeholt, mich bei seiner Familie abgesetzt und dann wurde ich erst mal mit Essen vollgestopft. Seine Familie hatte auch einen offiziellen Anlass für die Kocherei, da es der erste Todestag von seinem Großvater war. Interessant fand ich vor allem, dass man sich eigentlich dann auf dem Friedhof trifft, um auf dem Grab(!) zu speisen. Samstag hab ich dann ein paar organisatorische Sachen erledigt und Sonntag gings dann mit dem Bus weiter in den Kosovo. Ich hab zum ersten Mal den Mittagsbus genommen, so dass ich schon gegen 18 Uhr am Busbahnhof von Prishtina angekommen bin. Dann ab mit dem Taxi zum berühmten Grand Hotel und – da hab ich festgestellt, dass ich meinen Rucksack (Inhalt: Wörterbücher und ein paar kleine Präsente) im Bus vergessen hab. Was tun? Ich bin schließlich mit einem sehr freundlichen Taxifahrer zum Busbahnhof zurück, wo er gefühlte tausend Leute nach der Telefonnummer des Busbahnhofs gefragt und ungefähr tausend Leute angerufen hat. Da wir keinen erreichen konnten, sind wir weiter nach Gracanica gefahren, zur nächsten Haltestelle. Natürlich war der Bus auch schon dort weiter nach Prizren gefahren. Allerdings konnte uns eine Serbin von der Busgesellschaft eine andere Handynummer geben, so dass ich vor der Wahl stand, meinen Rucksack entweder noch am selben Tag in Prizren aufzusammeln oder am nächsten Tag in Prishtina auf der Rückfahrt des Busses in Empfang zu nehmen. Spontan wie ich bin, sagte ich, dass es mir doch lieber wäre mein bescheidenes Eigentum doch noch lieber heute entgegen zu nehmen. Also fuhren wir so schnell uns der Mercedes trug durch die einberechende Nacht nach Prizren. Der Taxifahrer sprach recht gut Deutsch, da er über eine längere Arbeitserfahrung in einschlägigen Etablissements in Berlin verfügte. Hochinteressant, da ich selbst noch niemals näher mit Leuten aus dem Milieu zu tun hatte. Dies konnte er mir auch ansehen, wie er bemerkte. Also mit anderen Worten sieht man mir an, dass ich zart besaitet bin. Als wir dann gegen 21 Uhr in Prizren ankamen, lief ich in das Büro von Adiotours, wo eine ältere Dame in strenger Garderobe mich bereits erwartete, um mir den Rucksack zu geben. Ich bedankte mich höflichst und konnte anschließend dem Vorschlag des Taxifahrers etwas zum Abendessen zu uns zu nehmen, nicht widerstehen. Als ich allerdings anmerkte, dass wir ja irgendwo einen Burek essen gehen können, lachte er laut und meinte, „Wir sind Männer! Wir brauchen Fleisch!“ Also Fleisch…

Dann lud er mich noch an einer Tankstelle auf einen Kaffee ein, den wir dann im Auto tranken und Zigaretten schmauchten. Ich muß mich bei der Umweltbewegung im In- und Ausland entschuldigen, aber seinem Vorschlag anschließend einfach bei voller Fahrt meinen Pappbecher aus dem Fenster zuwerfen, konnte ich nicht widerstehen. Dann lieferte er mich wieder in Prishtina bei unserem Ausgangspunkt ab, von wo aus ich weiter zu meiner Freundin Qendresa und ihrem Freund James fuhr. In ihrer Wohnung hab ich dann bis vorgestern Abend gewohnt.

Inzwischen sitze ich in einer Wohnung meines Freundes Visar, welche mal wieder eindeutig mit ihren drei Zimmern und zwei Toiletten zu groß für mich alleine ist. Leider gibt’s aber kein Internet noch Tv, aber einem so preiswerten Gaul schon man eh nicht ins Maul.

Deshalb häng ich jeden Tag im Grand Hotel oder sonst wo rum, um meine Emails zu lesen. Manchmal hab ich ja den Eindruck, dass es hier bald mehr WLAN-Hotspots als Jobs gibt. Wie sich der geneigte und Balkanerfahrene Leser sicher denken kann, ist die soziale Situation nach wie vor äußerst prekär. Dies bezieht sich aber nicht nur auf den Kosovo, obwohl hier die Lebensverhältnisse am bescheidensten sind, sondern auch auf Belgrad. Es ist auch in Serbien nichts besonderes ohne jegliche Sozial- oder Rentenversicherung irgendwo zu arbeiten, obwohl die hiesigen Arbeitnehmerrechte auch gesetzlich verankert sind. Laut Aussage meines Freundes ist das sogar gängige Praxis bei ausländischen Botschaften.

Vorgestern hatte ich übrigens mein erstes Interview mit Herrn Dr. Bujar Bukoshi, seines Zeichens früherer Ministerpräsident der kosovarischen Exilregierung und jetziger Vize-Premier Kosovos. Er hat meine Fragen unglaublich ausführlich beantwortet und mir insbesondere in Bezug auf die 1990er Jahre viele Anregungen gegeben. Manche Überlegungen, wie und woher der kosovo-albanische Widerstand kam und wie dies noch heute die politische Szenerie prägt, haben sich bestätigt. Und natürlich hat er sich sehr gefreut, als ich ihm noch Grüße von meinem Zweitgutachter, Herrn Prof. Dr. Kramer, übermittelt habe.

Gestern hab ich noch eine Hausarbeit korrigiert und war anschließend bei der Organisation der Kriegsveteranen der UÇK. Leider war niemand zuhause, aber dafür geh ich gleich noch mal hin. Außerdem hat mir meine Bekannte Dia einige inhaltliche Anregungen gegeben, das würde aber jetzt hier zu weit führen. Ich war gestern mit ihr und ihrer Freundin Nora essen und anschließend im „Tingel-Tangel“, einen kleinen Kneipe im Stadtzentrum. Da hängen überhaupt alle alternativen Geister der Stadt rum und so verschlägts auch mich öfters dahin, um Leute zu treffen. Nora ist im übrigen in einer NGO für Kunst und Kultur tätig. Ich habe also schon Kontakt geknüpft für ein kleines Nebenprojekt (an dieser Stelle Grüße an Jana und Milica! J).

Noch eine kurze Ergänzung: Ich sitz grad im Grand Hotel. Hier haben sie einen freien Internetzugang und es ist etwas ruhiger als n den ganzen Straßenkneipen. Die Kriegsveteranen müssen erst mit ihrem Präsidenten abklären, ob ich ein Interview bekomme – ein Schelm, wer böses oder Ironisches darüber denkt.

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