Nach einer mir endlos scheinenden Zugfahrt, in der ich Zeit hatte, gedanklich im Fluss des Lebens zu baden, erreichte ich Graz. Graz – die Stadt in der ich also die nächsten drei Monate meines kleinen Lebens zubringen und mich in der hohen Kunst der vergeistigten Wissenschaften erproben sollte.
Mit dem Taxi ging es denn auch gleich vom Hauptbahnhof zu meinem Domizil, ein kleines Haus am Rande des Stadtkerns, in welchem ich nun also Quartier beziehen sollte.
Der Hausherr, seines Zeichens nach ebenfalls nur Mieter, empfing mich bereits in freudiger Erwartung zu solch nächtlicher Stund am Eingangstor.
Wie ich bereits durch meine Emailkorrespondenz erfahren hatte, ward jedes Zimmer in unserer aller Unterkunft belegt. Einige Arbeiter aus Slowenien (drei bzw. vier an der Zahl), ein Student aus Kosovo, den ich bis zum heutigen Tag allerdings nicht gesehen habe, eine Studentin aus Deutschland, die hier ein Praktikum macht und schließlich ein armenischer Arzt, der die zweifelhafte Ehre hat, in Graz anderthalb Monate gratis im Krankenhaus zu arbeiten, um dann hoffentlich, vielleicht und mit etwas Glück später einmal eine Festanstellung zu bekommen. Übrigens sind meine Vorstellungen von Slowenien als ex-jugoslawischem Musterland durch die ein oder andere Geschichte in Bezug auf Löhne, Lebenshaltungskosten, Arbeitslosigkeit etc. nachhaltig erschüttert worden. Die europaweite Krise hat dort wohl tiefe, nach Aussagen meiner Mitbewohner sehr tiefe, Einschnitte gefordert. Man tröstet sich mit Jugo-Nostalgie…
Mein Arbeitsplatz, den ich natürlich gleich am ersten Tag aufsuchte, ist weiterhin im Zentrum von Graz gelegen. Ein kleines, aber feines Institut nicht weit entfernt vom Uni-Campus, ausgestattet mit Computern und Literatur, zu welchem ich nun den Schlüssel besitze.Die Kolleginnen und Kollegen stammen aus Serbien und Albanien und sind bisher auch alle ganz nett.
So, da mein Akku zur Neige geht, beende ich jetzt meine Eintragungen hier und hoffe, Spannung und Interesse fürs nächste Mal aufgebaut zu haben. Dann gibt’s auch ein paar bildliche Impressionen…